Samen aus der Bibliothek: Sharing-Economy erobert die Gärten
Immer mehr Bibliotheken richten Tauschbörsen für Gemüse-, Blumen- und Kräutersamen ein – ein US-Trend mit Tücken.
Saatgutbibliotheken quer durch die Schweiz: Wer sich an einer Tauschbörse für Saatgut beteiligen möchte, findet derzeit mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Angebot in der Nähe. Tauschecken für Saatgut eingerichtet haben zum Beispiel die Bibliotheken in Aarau, Biel, Chur, Langenthal, Luzern, Mellingen, St. Gallen oder Widen. Bei den Bibliotheken heisst es, die Tauschbörse für Saatgut passe perfekt ins Angebot. Bibliotheken seien ja seit 2000 Jahren Orte, an denen man Sachen hole und bringe – wo die Sharing-Economy funktioniere.
Samen von Bohnen, Erbsen und Peterli im Tausch gegen Samen von eigenen Tomaten, Salat oder Wildrosen: Das ist die Idee hinter der Saatgutbibliothek. Wer gute Samen von eigenem Gemüse, eigenen Blumen oder Kräutern gesammelt hat, kann diese gegen andere Samen tauschen, klassisch nach dem Prinzip der Sharing-Economy. Darüber berichtet SRF (Regionaljournal).
Neben Kriminalromanen und Kinderbüchern
Viele dieser Tauschbörsen für Saatgut entstehen aktuell in Bibliotheken. Neben Kriminalromanen und Kinderbüchern gibt es eigene Ecken für den Tausch von Saatgut. Es sind kleine Regale, wo Samen in Gläsern oder kleinen Papiertütchen abgepackt sind. Die Tauschecken funktionieren nach dem Prinzip des offenen Bücherschranks. Alle – nicht nur Kundinnen und Kunden der Bibliothek – können hier nehmen, was sie möchten. Das Ziel ist es aber, dass alle auch wieder etwas zurückbringen. Natürlich nicht dieselben Samen, denn die werden ja gepflanzt. Aber eigene, neue Samen, die aus dem angepflanzten Gemüse entstehen. Gerade dieser Punkt birgt aber Tücken.
Während bei vielen Tauschmodellen, sei es für Gartengeräte, Werkzeug oder Autos, für die Teilnahme kaum Fachwissen nötig ist, braucht es fürs aktive Mitmachen bei der Saatgutbibliothek einiges. Die Gewinnung guter Samen und die Vermehrung von Pflanzen über Samen können je nach Sorte ziemlich komplex sein. Das spüre man auch in den Saatgutbibliotheken, sagen verschiedene beteiligte Bibliotheken gegenüber SRF.
Aktuell würden zum Beispiel in Aarau, Chur oder Langenthal noch deutlich mehr Samen geholt als gebracht. Zudem müsse man immer wieder Samen aussortieren, weil sie den Qualitätsansprüchen nicht genügen. Erwünscht sind nur Bio-Samen von heimischen Pflanzen, keine eingekauften Samen und keine Hybrid-Sorten.
Den schönsten Salat nicht essen
Damit das System langfristig funktioniert, muss sich das ändern. Deswegen bietet die Stiftung Pro Specie Rara, die sich für den Erhalt alter einheimischer Pflanzensorten einsetzt, direkt in den Bibliotheken Kurse zum Thema an. Samen vermehren sei ein Handwerk, das heute nicht einmal mehr die Gärtnerinnen und Gärtner in der Ausbildung lernten, sagt Nicole Egloff, die für Pro Specie Rara solche Kurse leitet.
Für den Anfang solle man sich an einfache Gemüsesorten machen. Am besten beginne man mit selbstbestäubenden Pflanzen wie Tomaten oder Salat, sagt die Expertin. Sehr wichtig sei zudem, dass man nur die Samen der schönsten und stärksten Pflanzen brauche. Man sollte zum Beispiel den schönsten Salat im Garten nicht essen, sondern blühen lassen, so unterstütze man die natürliche Selektion, sagt Nicole Egloff: «Auch wenn es ein bisschen weh tut: Mittelfristig hat man viel die schöneren Salate im Garten.» Das gleiche Prinzip gilt für alle Pflanzen.
Das Interesse an den Saatgutkursen in den Bibliotheken sei gross, das Publikum sehr gemischt, hauptsächlich aber weiblich. Von einem grossen Trend möchte Nicole Egloff zwar noch nicht sprechen, aber die Gewinnung von eigenem Saatgut sei schon eine Art Fortsetzung der Lust am eigenen Garten, wie sie während der Corona-Zeit viele Leute gepackt habe.
Quelle: SRF
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